Die Lust am Platteln und die Liebe zur Heimat veranlasste am 25. Februar 1924 gut ein Dutzend junger Menschen, sich zu einem Verein zusammenzuschließen. Es waren vornehmlich Holzknechte aus dem Allgäu, die aufgrund einer Borkenkäferplage in ihrer Heimat erwerbslos geworden waren und hier neue Arbeit fanden. Als Ziel der offiziellen Gründung im darauffolgenden September nennt das Protokoll: Pflege des Heimatsinnes und der Heimatliebe, Ehrung von Vätersitte und Heimatbrauch, Hochhaltung bayerischer Volkstrachten.

Bald schon zeigte sich, wie schwierig es war, sich in der Öffentlichkeit durchzusetzen. Dennoch wurde beharrlich weiter um Mitglieder geworben.

1925 traten die Die lustigen Oberlandler – Karlstadt der Vereinigung der Gebirgstrachtenvereine links der Donau, Sitz Nürnberg, bei. Der Besuch zahlreicher auswärtiger Trachtenfeste und die aktive Beteiligung an vielen Karlstadter Veranstaltungen ließen den Verein in den folgenden Jahren in der Öffentlichkeit allmählich immer mehr an Boden gewinnen. Durch den Beitritt der Vereinigung links der Donau zum Reichsverband wurde 1929 auch für den Karlstadter Verein der Anschluss an diesen Verband vollzogen.

Es dauerte nicht lange, bis der Ruf nach einer bodenständigen fränkischen Tracht immer lauter wurde. In den folgenden Jahren bemühte sich vor allem der damalige Vorsitzende Ludwig Außenhofer um die Beschaffung alter fränkischer Trachten und in mühevoller Kleinarbeit wurden überall in der Gegend viele in Vergessenheit geratene Volkslieder gesammelt.

Im Dritten Reich kam die automatische Auflösung des Vereins durch die Eingliederung in die NS-Kulturgemeinde. Hier war es nun die Sing- und Spielgruppe unter Valentin Kitz, die es verstand, sich die nötige Selbständigkeit zu bewahren, um den Vereinszielen auch weiterhin dienen zu können. Aufgrund ihrer hervorragenden musikalischen Leistungen war die Gruppe von 1936 – 1939 wiederholt im Bayerischen Rundfunk zu hören, zum Teil im Abendprogramm als Direktübertragung aus Karlstadt. Der Krieg und seine unmittelbaren Folgen geboten eine Zwangspause bis zum Jahr 1950.

Am 29. April 1950 wurde auf Initiative von Ludwig Außenhofer der Verein als Heimat- und Volkstrachtenverein Karlstadt wieder gegründet und mit neuem Leben erfüllt. Gelungene Heimatveranstaltungen und aktive Beteiligung am öffentlichen Leben rückten die „Trachtensache“ rasch in den Blickpunkt und trugen dazu bei, dass der Verein als Kulturträger stetig an Bedeutung gewann.

Vor allem durch die Mitgestaltung der 750-Jahrfeier der Stadt Karlstadt gewann der Verein rasch neue Freunde und Mitglieder. 1953 fand in der Vereinsführung ein Wechsel statt. Der gerade 22-jährige Franz Josef Keller wurde zum Vorsitzenden gewählt. Bereits ein Jahr später richtete der Verein das unterfränkische Bezirkstrachtenfest aus. Höhepunkt des Festes war die Weihe der neuen Vereinsfahne durch Stadtpfarrer Paul Steinert. Ein bedeutender Augenblick war es auch, als im Rahmen der Feierlichkeiten zum ersten Mal die neue Trachtenhymne – verfasst von Helmut Kitz und vertont von Rektor Andreas Mallad – gesungen wurde, die sich inzwischen die gesamte bayerische Trachtenbewegung zu eigen gemacht hat. Mit der erfolgreichen Ausrichtung des Bezirkstrachtenfestes 1954 zum 30jährigen Bestehen wurde auch die finanzielle Basis für die weitere Vereinsarbeit geschaffen. 1955 wurde auf Initiative von Franz Josef Keller die Maibaumaufstellung wieder eingeführt und 1957 die Nikolaus-Aktion ins Leben gerufen. Noch heute gehören diese beiden Veranstaltungen zu den festen Bestandteilen des jährlichen Veranstaltungskalenders.

Irma Kunz wurde erste Jugendleiterin des Vereins und formierte in kurzer Zeit eine stattliche Jugendgruppe und Schneidermeister Hans Hammer fertigte die ersten Jugendtrachten. Bereits 1961 wurde Karlstadt erneut Austragungsort für das unterfränkische Bezirkstrachtenfest und zum 50jährigen Bestehen des Vereins im Jahr 1974 war Karlstadt wieder Gastgeber, diesmal für das Gautrachtenfest mit annähernd 100 Vereinen – das wohl größte Fest in der Stadtgeschichte. Der Karlstadter Trachtenverein genießt in der gesamten bayerischen Trachtenbewegung hohes Ansehen. Franz Josef Keller und Hella Hanke gehörten der unterfränkischen Bezirksvorstandschaft an und waren in den verschiedensten Gremien des bayerischen Trachtenverbands tätig. Einladungen, wie die zur Schlußfeier der Olympischen Spiele 1972 in München, zum Weltwirtschaftsgipfel 1992 und zum Besuch des japanischen Kaiserpaares 1993 in München oder zum Antrittsbesuch des neuen Bundespräsidenten Herzog in der Landeshauptstadt 1994 beweisen die Wertschätzung, die dem Heimat- und Volkstrachtenverein allerseits entgegengebracht wird.

Der Heimat- und Volkstrachtenverein hat Karlstadts Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit entscheidend mitgeprägt und ist Aushängeschild der Stadt weit über deren Grenzen hinaus.

Gemäß dem Wahlspruch: „
Sitt und Brauch der Alten wollen wir erhalten“

ist der Heimat- und Volkstrachtenverein Karlstadt überall dort zu finden, wo es gilt, fränkische Tracht und heimatliches Brauchtum zu pflegen, zu erhalten und zu repräsentieren.